Großbritannien geht voran – Deutschland bleibt stehen: Warum die Merz-Regierung die Zukunft der Verteidigung gefährlich verpasst

Engin Eroglu, MEP und stv. Bundesvorsitzender FREIE WÄHLER und Mitglied des Sicherheits- und Verteidigungsausschusses begrüße ich ausdrücklich die mutige Entscheidung des Vereinigten Königreichs, seine Streitkräfte radikal zu transformieren. Die vorgestellte „20-40-40“-Strategie, nach der bis 2030 rund 80 % der britischen Armee aus unbemannten Systemen bestehen sollen, ist ein Paradebeispiel für strategischen Weitblick.
Ganz anders Deutschland. Eroglu kritisiert die Bundesregierung unter Friedrich Merz und Verteidigungsminister Boris Pistorius scharf: „Die politische Führung zeigt keinerlei Bereitschaft, aus den Erfahrungen des Ukraine-Kriegs operative Konsequenzen zu ziehen. Stattdessen wird weiter in Systeme investiert, die bei Indienststellung längst überholt sind.“ Auch das von der Vorgängerregierung auf den Weg gebrachte Sondervermögen sei „weitgehend verpufft, weil es ohne strategische Vision eingesetzt wurde“.
Drohnen dominieren das moderne Gefechtsfeld – Großbritannien reagiert konsequent
Die Erfahrung aus dem Ukraine-Krieg ist eindeutig: Drohnen sind heute die wichtigsten Systeme zur Aufklärung, Zielerfassung, elektronischer Kriegsführung und zum präzisen Kampf gegen feindliche Kräfte.
Großbritannien zieht daraus die richtigen Konsequenzen:
Massive Integration autonomer Drohnen und Loitering Munitions. Verzicht auf überholte Großplattformen wie schwere Panzer. Aufbau einer hochreaktiven, flexiblen Hybridarmee mit minimalem Personaleinsatz. Diese Transformation geschieht jetzt – nicht in Jahrzehnten.
Deutschland: Strategisches Versäumnis und technisches Flickwerk
Das Sondervermögen war ein wichtiger Schritt, doch die Umsetzung stockt. Unter Merz verwaltet die Regierung sicherheitspolitische Altlasten:
Aus Sicht des Europaabgeordneten hat Deutschland derzeit keine eigenständige Drohnenstrategie, weder für offensive Operationen noch für Abwehr oder Schwarmtaktiken. „Weder auf Kompanie- noch auf Bataillonsebene sind Drohnen als taktische Standardressource eingeplant. Und dass Deutschland im Jahr 2025 immer noch keine systematische Ausbildung für den Einsatz autonomer Systeme in der Offizierslaufbahn hat, ist sicherheitspolitisch grob fahrlässig“, mahnt Eroglu.
Forschung und Entwicklung werden der Industrie überlassen, statt von einem staatlichen Innovationskommando koordiniert zu werden.
Was Deutschland jetzt braucht laut Eroglu – um Europas stärkste Armee zu werden
1. Einrichtung eines „Zukunftskommandos Autonome Systeme“ – mit Budget, operativer Verantwortung und direkter Ministeriumsunterstellung, das Forschung, Beschaffung und Einsatz autonomer Systeme bündelt und priorisiert.
2. Ambitioniertes Ziel: 60–80 % unbemannte Wirksysteme bis 2032. Das umfasst:
• Taktische UAVs in jedem Zug als Standard,
• Loitering Munitions auf Bataillons-Ebene für flexible Präzisionsschläge
• Operative Langstreckendrohnen mit KI-gestützter Zielsteuerung.
3. Schaffung eines „European Drone Valley“ in Deutschland – ein Hochtechnologie-Hub für die Beschleunigung von Forschung, Entwicklung und industrieller Produktion unbemannter Systeme, um Europas Drohnenkompetenz zu bündeln und Innovationen schneller in die Truppe zu bringen.
4. Standardisierte und verpflichtende Drohnenschulungen für alle Offizierslaufbahnen – um eine breite taktische und operative Kompetenz im Umgang mit unbemannten Systemen sicherzustellen und die Akzeptanz in der Truppe zu erhöhen.
5. Europäische Führungsrolle übernehmen: Initiierung einer gemeinsamen europäischen Drohnenstrategie – Deutschland muss Vorreiter sein, nicht Nachzügler, und gemeinsame Standards, interoperable Systeme sowie eine koordinierte Beschaffungspolitik vorantreiben.
6. Verstärkte staatliche Steuerung von Forschung und Entwicklung – statt sich ausschließlich auf die Industrie zu verlassen, ist ein staatliches Innovationskommando notwendig, das strategische Forschungsprojekte gezielt fördert und beschleunigt, um mit den globalen Großmächten mitzuhalten.
Kritische Fragen an die Bundesregierung Merz/Pistorius:
Warum zögert Deutschland bei der Beschaffung und Integration bewaffneter Drohnen trotz klarer Erkenntnisse aus aktuellen Konflikten?
Wie passt der weitere Ausbau konventioneller Großplattformen mit den Anforderungen moderner, digital vernetzter Gefechtsführung zusammen?
Ist Deutschland bereit, seine sicherheitspolitische Führungsrolle in Europa zu riskieren – nur um auf vertraute Technologien zu setzen?
Europa braucht keine weitere Panzerflotte, sondern mutige, innovative Verteidigungskonzepte. Großbritannien zeigt vor, wie moderne Streitkräfte aussehen. Die Merz-Regierung steht an einer Weggabelung: Will Deutschland weiterhin nur mitmarschieren – oder will es die militärische Zukunft Europas gestalten?
Deutschland muss jetzt handeln, sonst droht ein sicherheitspolitischer Bedeutungsverlust – technologisch, strategisch und geopolitisch.
Abschließend appelliert Engin Eroglu eindringlich: „Wir dürfen uns nicht länger auf der Illusion von konventioneller Abschreckung ausruhen. Wenn wir unsere Soldatinnen und Soldaten schützen und Europas sicherheitspolitische Souveränität erhalten wollen, dann müssen wir jetzt die Weichen stellen – für eine digitale, autonome und reaktionsstarke Bundeswehr.“
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